Sonntag, 11. August 2013

Das leidige (?) GOTS-Thema

Seit einiger Zeit ist die Zertifizierung nach GOTS-Standard wieder vermehrt im Gespräch - durch Abmahnungen sollte das Thema für alle Händler und Verarbeiter entsprechender Textilien interessant sein. Daher ein paar Zeilen dazu.
Bei der Bezeichnung GOTS (Global Organic Textile Standard) handelt es sich um eine weltweit einheitliche Kennzeichnung für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern. Eine tolle Sache, denn die gesammte Produktion der Ware, vom Anbau bis zum fertigen Produkt unterliegt einer Kontrolle, die einem verhältnismäßig hohen Standard folgt. Kauft man ein zertifiziertes Produkt, kann man sich sicher sein, dass unter "guten Bedingungen" erzeugt wurde. Immer mehr solcher Waren kommen auf den Markt, was durchaus erfreulich ist.

Wo ist nun also das Problem?

Nun, nicht jeder, der GOTS-zertfizierte Produkte erwirbt und dann weiterverarbeitet oder anbietet, darf mit dem als Marke eingetragenen Siegel werben. Warum? Nehmen wir als Beispiel einen GOTS-zertifizierten Stoff. GOTS ist eine weltweit mögliche Lizensierung, so dass inzwischen auch aus dem Ausland importierte Stoffe das Siegel tragen können. Das Problem dabei ist, dass die Stoffe zumeist durch deutsche Großhändler eingekauft werden. Diese Großhändler sind nicht nach dem GOTS-Standard lizensiert, vielleicht weil es sich nicht lohnt, vielleicht weil sie es bislang selbst nicht wussten. Dieser nicht lizensierte Großhändler jedoch unterbricht die streng kontrollierte Kette des GOTS-Siegels. Weder darf er nun damit werben, dass ein Stoff das Siegel trägt, noch darf er den Stoff als lizensierten an die Einzelhändler verkaufen. Gleiches gilt dann natürlich auch für den Einzelhändler: auch wenn dieser weiß, dass es sich um einen an sich lizensierten Stoff handelt, darf er ihn nicht mehr als solchen bewerben oder verkaufen.
Blöd? Ja, irgendwie schon. Zumal man wohl davon ausgehen können wird, dass die meisten Großhändler in Deutschland durchaus den Standard erfüllen. ABER sie sind nun einmal nicht zertifiziert und damit nicht berechtigt.
Anders sieht es übrigens dann aus, wenn der Großhändler tatsächlich zertifiziert ist (wobei ich derzeit nur einen kenne): kann der Großhändler ein eigenes (!) Zertifikat vorweisen (und dies auch an den Einzelhändler weitergeben), so darf auch der Einzelhändler mit dem GOTS-Siegel werben OHNE selbst zertifiziert zu sein.
Kompliziert? Nee, eigentlich geht's doch, oder? ;-)

Und als Kunde?

Als Mama kann ich ja aus eigener Erfahrung berichten, dass mir die Verwendung zertifizierter Stoffe schon immer lieber war. Wir sind bereits so vielen Schadstoffen ausgesetzt, dass ich es an dieser Stelle (direkter Hautkontakt) gern gering halte und natürlich auch froh bin, wenn ein Stoff nachhaltig und sozial verträglich produziert wird. Wer bio/kbA/GOTS kauft, sieht das wohl ähnlich. Aber was mache ich als Käufer, wenn es durch diese strenge Regelung kaum noch Stoffe mit dem GOTS-Siegel geben wird? Ich schaue mich einfach genau um. Viele Stoffe sind ja wie beschrieben bis zum Großhändler GOTS-zertifiziert. Ein Blick auf die Hersteller-Homepage schadet daher zB nicht. Wenn ich sehe, dass zB ein amerikanischer Stoff bis zum Verkauf an die Großhändler zertifiziert ist, dann weiß ich, dass zumindest der Weg bis dorthin nachhaltig, biologisch und sozial verträglich gelaufen ist. Das Restrisiko (Weg über den Großhändler) muss ich dann für mich abwägen.
Zudem würde eine Nachfrage bei den Großhändlern sicher nicht schaden. Denn sobald die ersten anfangen sich zertifizieren zu lassen, werden auch andere nachziehen müssen, um auf dem Markt bestehen zu können.

Dieser Text ist nicht abschließend zu diesem Thema und soll Euch nur ansatzweise aufklären. Für weitere Informationen könnt Ihr auf der Homepage des GOTS-Siegels nachlesen: http://www.global-standard.org/de/

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